© Peter BischofSeit 2015 lebt die gebürtige Polin Dorota („Dora“) Maravic mit ihrer Familie in Herzberg. Während ihr Mann als Altenpfleger arbeitet, hat Dorota Maravic einen Minijob (unter anderem Wäschenamen einnähen, Gardinen nähen und ähnliche Arbeiten). Zusätzlich ist sie in der Kinderbetreuung tätig und vermittelt Nähen per Hand und mit Maschine. Hier hat sie als Mitglied der Zukunftswerkstatt Herzberg in Kursen unter anderem Flüchtlingsfrauen angelernt. Da sie in Polen über 20 Jahre als Schneidermeisterin selbständig war und 2 Angestellte beschäftigt hatte, war es verständlich, dass sie auch in ihrem erlernten Beruf arbeiten wollte. Gerne nahm sie deshalb die Idee des Teams der „Engagierten Stadt Herzberg“ auf, das Vorhaben „Solidarisches Handwerk – Textil (SolHaWe – Textil)“ in Herzberg auf den Weg zu bringen und einen kleinen Betrieb zu gründen. Die Idee dahinter dient dem Gedanken der Nachhaltigkeit und der gesunden Qualität. Im Bereich regionaler Lebensmittel wird das Konzept der solidarisch wirtschaftenden Betriebe bereits erfolgreich in der weiteren Region praktiziert.
© Paul BeierMit einer gemeinschaftlich getragenen Schneiderei bewegt sich das Projekt auf einem neuen Gebiet in Richtung Nachhaltigkeit und Schonung von Ressourcen. „SolHaWe – Textil“ funktioniert wie folgt: Wer das Vorhaben unterstützt und sich vorstellen kann, im Laufe eines Jahres die Schneiderdienste von „Dora“ in Anspruch zu nehmen, zahlt einen Jahresbeitrag „X“. Dieser wird je nach Bedarf durch die Schneidermeisterin abgearbeitet. Selbstverständlich können auch Kund/innen ihre Dienste auch ohne Mitglieder zu sein in Anspruch nehmen. Da sie alles näht was das Herz begehrt -wie Abendroben, passgenaue Kleidung für problematische Größen, Änderungen oder Ausbesserungen von „Lieblingsstücken“, individuelle Taschen und hübsche Deko-Stücke - findet sich immer ein Bedarf. Grundlage für die Abrechnung bildet eine moderate Preisliste. Natürlich wird auf eine gute Qualität und Herkunft der genutzten Materialien geachtet. Seit der Gründung verzeichnet die Idee bereits eine beachtliche Zahl von interessierten Mitmacher/innen. Am vergangenen Montagabend – ein Jahr nach der Gründung von „SolHaWe Textil“ trafen sich Unterstützer/innen und Interessent/innen zu einem Meinungsaustausch im Laden der Zukunftswerkstatt. Nach einer kurzen Einführung durch Lena Schaumann, die Prozessmanagerin der „Engagierten Stadt Herzberg“, schilderten Kundinnen ihre Erfahrungen mit der Arbeit von Dorota Maravic.
Dabei kamen die Anwesenden, die sich mit warmem Apfelsaft stärkten, aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sowohl die Ideen als auch die vorgestellten Ausführungen lösten Begeisterung aus. Im sogenannten „Upcycle – Verfahren“ (aus alt mach neu) wurde ein Mantel aus gutem Stoff vorgestellt, der aus einer vor Jahren beliebten Glockenform jetzt in einen schicken Mantel im aktuellen Look umgeändert wurde. Wer von Kopfkissen 80 x 80 cm auf 80 x 40 cm umgestiegen war, ließ sich aus einem alten Bezug 2 neue nähen. Die Stühle im Laden der Zukunftswerkstatt gewannen an Aussehen durch neue Bezüge aus gut erhaltenen Stoffen. Da die alte „Lieblingshose“ einer Kundin in die Jahre gekommen war, wurde eine exakt nachgenähte Hose aus selbst beschafftem Stoff vorgestellt. Ein neuer Kragen auf einem halsfreien Pulli machte diesen wieder attraktiv ebenso wie die Verkleinerung des Halsausschnittes von T-Shirts. Über Skistulpen aus mitgebrachten Stoffresten oder ungenutzter eigener Bekleidung staunten die Anwesenden genauso wie über rustikale Hundemäntelchen ebenfalls aus eigenen Stoffen. Im Rahmen ökologischer Kreativität entstanden viele einmalige Stücke. Wer das Projekt unterstützt, sichert sich nicht nur den Erfahrungsaustausch über gesunde Stoffe und schicke Textilien aller Art nach eigenen Vorstellungen, sondern gewährt vor allem einer Handwerkerin einen guten Arbeitsplatz und die Gewissheit, ihrer Qualifikation entsprechend gebraucht und angemessen entlohnt zu werden. Bei Interesse können Lena Schaumann unter 05521/997451 oder lenaschaumann@freenet.de sowie Dorota Maravic unter 05521/9289360, 0157-38724670 oder mrm.rademaravic@gmail.com kontaktiert werden.
Text und Fotos: Paul Beier
