© Peter BischofDie Marienburg bei Pattensen ist seit mehreren Wochen in den Schlagzeilen. „Ein Drama um ein morsches Schloss und eine zerrissene Familie", nannte es das Handelsblatt. Der Chef des Hauses Hannover, seine königliche Hoheit Ernst August Prinz von Hannover, zur Zeit wegen einer Krebserkrankung in einer Klinik, hat die neugotische Marienburg im Jahr 2004 zusammen mit anderen Herrenhäusern, Kunstschätzen und umfangreichem Grundbesitz seinem ältesten Sohn geschenkt. Er selbst zog sich zu diesem Zeitpunkt auf die österreichischen Besitzungen der Familie zurück.
Der Erstgeborene heißt Ernst August und darf sich „Erbprinz Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg" nennen. Er sollte nach dem Tod des Vaters dessen Rolle als Familienoberhaupt übernehmen.
Doch als der Erbprinz die Marienburg für einen symbolischen Euro an das Land bzw. die Klosterkammer Hannover veräußern wollte, kam es zum Eklat. Der Vater Ernst August warf dem Sohn groben Undank vor und forderte die Schenkung zurück.
© Manfred KirchnerInzwischen ist die Situation völlig verfahren, das Land sitzt mehr oder weniger zwischen den Stühlen beziehungsweise zwischen den Welfengenerationen. Vater Ernst August will seinen Sohn verklagen, das Land kann nicht handeln, solange die Rechtslage unklar ist. Dabei dürfte es im Interesse aller Beteiligten liegen, die Marienburg als Bauwerk zu erhalten und für die Öffentlichkeit weiter zugänglich zu machen. Allerdings werden die Sanierungskosten auf 27 Millionen Euro geschätzt.
Diese aktuelle Entwicklung und die fast täglichen Meldungen dazu steigerten auch das Interesse am historischen Hintergrund der Marienburg. Auf Einladung des Fördervereins Schloss Herzberg stellte der Hildesheimer Autor und Historiker Alexander Dylong zusammen mit seinem Verleger Heinrich Prinz von Hannover im fast voll besetzten Rittersaal des Schlosses Herzberg die Königin Marie, die Frau an der Seite von König Georg V., vor.
Mit ihr wird die Marienburg, die sich seit jeher großer Beliebtheit bei den Besuchern erfreut, in Verbindung gebracht. Diese Schlossanlage trägt den Namen der letzten Königin von Hannover. König Georg V. schenkte seiner Frau die Burg zu ihrem 39. Geburtstag. Der Referent ging allerdings nur am Rande auf den aktuellen Streit im Hause der Welfen über die Zukunft dieser Burg ein. Seinen Schwerpunkt legte er auch mit Blick auf den 200. Geburtstag der Monarchin auf das Leben der Königin und zeigte ihren Lebensweg und ihr Wirken auf.
© Manfred KirchnerIn dieser Biographie, die der Autor als Buch veröffentlich hat, schilderte er das Leben von Königin Marie seit ihrer Geburt in der thüringischen Provinz, ihre Jugend, die Liebe zu dem blinden Kronprinzen Georg, ihre Heirat und die besonders glücklichen Jahre vor der Thronbesteigung nachgezeichnet. Es folgten ihr Wirken als Königin, die schwierige Phase der Trennung von ihrem Gemahl am Ende des Deutschen Krieges mit der Annektion des Königreichs Hannover nach der Schlacht bei Langensalza durch Preußen, das gemeinsame Exil in Österreich sowie ihre fast 30-jährige Witwenzeit in Gmunden am Traunsee im Salzkammergut.
Alexander Dylong ging auch auf die verschiedenen anderen Schauplätze ihres Lebens wie Altenburg, Hannover, Wien und auch auf die Aufenthalte auf Norderney ein, wo die Marienhöhe mit dem namensgleichen Cafe ihren Namen trägt.
Der Autor Alexander Dylong wurde 1964 in Hildesheim geboren. Nach dem Abitur studierte er in Hannover Geschichte und Germanistik. Heute ist er freiberuflich in seiner Heimatstadt als Geschichtswissenschaftler tätig.
Aus der Reihe der zahlreichen Besucher dieser Veranstaltung beantworteten der Autor und auch Prinz Heinrich, der den Referenten an diesem Abend begleitete und unterstützte, die veschiedenen Fragen sehr kompetent. Offen blieb, wie es mit der Marienburg weitergehen wird. Hierzu wollte Prinz Heinrich keine Aussagen machen.
Nichtsdestotrotz wird der Streit um den Besitz der Marienburg mit ihren 134 Zimmern auch weiterhin das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Vor allem die Presse in der niedersächsischen Landeshauptstadt spekuliert fast täglich über den Familienstreit. Wohin sind die 44 Millionen Euro, die im Jahr 2005 die Versteigerung des Schloss-Inventars brachte? Welche Rolle spielt Prinz Michael von Lichtenstein, Cousin des Fürsten und Stiftungsverwalter? Ist die Marienburg nur Druckmittel, um den Sohn Zugeständnisse über die rund 6000 Hektar österreichischen Landbesitzes abzupressen, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) mutmaßte? Was ist mit den 33 Hektar Wald rund um die Marienburg? Die FAZ hält es auch für möglich, dass die Familien von Hardenberg und von Schöning Interesse haben und mit dem Erbprinzen über einen Preis von einem Euro bis 1,50 Euro pro Quadratmeter verhandeln. Gekoppelt mit der Burg könnte dann niemand mehr sagen, dass die Marienburg verschenkt werde. Wer nachrechnet, könnte vielleicht auf die Idee kommen, dass das Geschäft auch eher einer Schenkung gleicht? Wie dem auch sei, es bleibt auf jeden Fall spannend.
Autors Dylong „Marie Königin von Hannover". Es ist im Verlag MatrixMedia Göttingen (ISBN 978-3-946891-06-2) erschienen.